Aufwendungen für eine immunbiologische Krebsabwehrtherapie als außergewöhnliche Belastung abziehbar

Der BFH hat mit Urteil vom 02.09.2010 VI R 11/09 entschieden, dass
Aufwendungen für eine immunbiologische Krebsabwehrtherapie als außergewöhnliche
Belastung nach § 33 Abs. 1 EStG abgezogen werden können.

Die Ehefrau des Klägers wurde wegen einer schweren Krebserkrankung der
Bauchspeicheldrüse operiert. Im Anschluss an die Operation unterzog sie sich
einer immunbiologischen Krebsabwehrtherapie mit Ukrain. Das Präparat ist weder
in Deutschland noch in anderen europäischen Ländern als Arzneimittel zugelassen.
Zu der alternativen Krebsabwehrtherapie hatte der Hausarzt, ein Facharzt für
Allgemeinmedizin, Chirotherapie und Naturheilverfahren, geraten, da eine
konventionelle Chemotherapie wegen des geschwächten Gesundheitszustandes der
Patientin und einer Tumorkachexie nicht möglich sei. In ihrer
Einkommensteuererklärung machten der Kläger und seine später verstorbene Ehefrau
die Behandlungskosten in Höhe von 30.000 € als außergewöhnliche Belastung im
Sinne des § 33 Abs. 1 EStG geltend. Das Finanzamt ließ die geltend gemachten
Aufwendungen nicht zum Abzug zu und wurde darin zunächst vom Finanzgericht
bestätigt.

Auf die Revision des Klägers hat der BFH die Vorentscheidung aufgehoben und
die streitigen Aufwendungen zum Abzug zugelassen. Damit hat er in Abkehr von der
bisherigen Rechtsprechung anerkannt, dass auch Kosten für eine objektiv nicht
zur Heilung oder Linderung geeignete Behandlung zwangsläufig erwachsen können,
wenn eine Erkrankung mit einer nur noch begrenzten Lebenserwartung besteht, die
nicht mehr auf eine kurative Behandlung anspricht. Dies gilt nach Auffassung des
BFH selbst dann, wenn sich der Erkrankte für eine aus schulmedizinischer oder
naturheilkundlicher Sicht nicht anerkannte Heilmethode entscheidet. Nicht die
medizinische Notwendigkeit der Maßnahme begründe in diesen Fällen die
tatsächliche Zwangsläufigkeit nach § 33 EStG, sondern die Ausweglosigkeit der
Lebenssituation,
die den „Griff nach jedem Strohhalm“ gebiete. Ihre Grenze
findet die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für Außenseitermethoden nach § 33
EStG allerdings, wenn die Behandlung von einer Person vorgenommen wird, die
nicht zur Ausübung der Heilkunde zugelassen ist.

(BFH-Pressemitteilung vom 01.12.2010)

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