BFH bejaht Verfassungsmäßigkeit der beschränkten Abziehbarkeit von Rentenversicherungsbeiträgen und sonstigen Vorsorgeaufwendungen sowie die Verfassungsmäßigkeit des Grundfreibetrags

1. Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung

In den Urteilen vom 18.11.2009 X R 34/07, X R 6/08 und vom 09.12.2009 X R
28/07 sowie in zwei weiteren, nicht zur amtlichen Veröffentlichung bestimmten,
Entscheidungen hält der BFH an seiner bereits im Beschluss vom 01.02.2006 X R
166/05 vertretenen Auffassung fest, dass im Anwendungsbereich des
Alterseinkünftegesetzes (AltEinkG) ab dem 01.01.2005 geleistete Beiträge zu den
gesetzlichen Rentenversicherungen und andere Altersvorsorgeaufwendungen
lediglich in beschränktem Umfang als Sonderausgaben abgezogen werden können.

Der BFH hält die seit 2005 geltende Rentenbesteuerung und die Behandlung von
Altersvorsorgeaufwendungen für verfassungsgemäß. Ab dem Jahr 2025 seien solche
Aufwendungen, von Sonderfällen abgesehen, in vollem Umfang als Sonderausgaben
steuerwirksam zu berücksichtigen. Auch die bis dahin geltende Übergangsregelung
sei nicht zu beanstanden. Nach dieser seien zwar im Jahr 2005 nur 60 % der
Altersvorsorgeaufwendungen anzusetzen, wobei dieser Prozentsatz jährlich um 2 %
bis auf 100 % ansteige. Diese gesetzliche Neuregelung sei hinnehmbar, weil in
jedem Einzelfall gewährleistet werden müsse, dass Renteneinnahmen, die auf
bereits versteuertem Einkommen beruhen, nicht erneut der Besteuerung unterworfen
werden dürfen. Ob eine unzulässige Doppelbesteuerung vorliege, werde aber erst
in den Jahren geprüft, in denen die Renteneinnahmen zuflössen.

2. Sonstige Vorsorgeaufwendungen (Rechtslage bis 2009)

In dem Urteil vom 18.11.2009 X R 6/08 hat der BFH auch über die
Verfassungsmäßigkeit der Regelung über die Abziehbarkeit von sonstigen
Vorsorgeaufwendungen entschieden.

Zu den sonstigen Vorsorgeaufwendungen i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG in der
ab dem Jahr 2005 geltenden Fassung gehören Beiträge zu
Arbeitslosenversicherungen, zu bestimmten Erwerbs- und
Berufsunfähigkeitsversicherungen, zu Kranken-, Pflege-, Unfall- und
Haftpflichtversicherungen sowie bestimmte Risikolebensversicherungen und vor dem
Jahr 2005 abgeschlossene private Renten- und Lebensversicherungen. Solche
Beiträge können (vorbehaltlich der sog. Günstigerprüfung gem. § 10 Abs. 4a EStG)
bis 2009 jährlich mit insgesamt höchstens 2.400 €, in bestimmten Fällen nur bis
zu 1.500 € abgezogen werden.

Nach Auffassung des BFH hat der Gesetzgeber in sachgerechter Weise danach
differenziert, ob ein Steuerpflichtiger die Aufwendungen für seinen
Krankenversicherungsschutz in vollem Umfang allein tragen muss oder ob sich
dessen Arbeitgeber hieran durch Beitragszahlungen oder durch Beihilfen im
Krankheitsfall beteiligt.

Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 13.02.2008 2 BvL 1/06 (BVerfGE
120, 125) sei die unzureichende steuerliche Berücksichtigung dieser Aufwendungen
bis zum 31.12.2009 hinzunehmen. Die Aufwendungen für die übrigen in § 10 Abs. 1
Nr. 3 EStG genannten Versicherungsbeiträge berührten nicht die Steuerfreiheit
des Existenzminimums. Dies gelte nach Auffassung des BFH auch für die
zwangsweise zu leistenden Beiträge zur Arbeitslosenversicherung; sie dienten
nicht der Existenzsicherung, sondern der Erlangung einer Lohnersatzleistung.

3. Grundfreibetrag 2005

In dem Urteil vom 18.11.2008 X R 34/07 hatte der BFH zusätzlich über die
Verfassungsmäßigkeit des im Jahr 2005 im Fall der Zusammenveranlagung zu
berücksichtigenden Grundfreibetrags zu entscheiden.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts darf das
Existenzminimum nicht der Einkommensbesteuerung unterworfen werden. Dies wird
durch den Grundfreibetrag berücksichtigt. Messgröße hierfür ist das staatlich
garantierte Sozialhilfeniveau. Hierzu legt die Bundesregierung alle zwei Jahre
einen Bericht über das Existenzminimum vor. Das sächliche Existenzminimum
beträgt danach bei Ehegatten im Jahr 2005 12.240 €.

Nach Auffassung des BFH ist diese Berechnung nicht zu beanstanden. Dass der
Grundfreibetrag für zusammen zu veranlagende Ehegatten im Jahr 2005 den
verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht, ergebe sich auch daraus, dass
der für Ehegatten im Jahr 2005 geltende Grundfreibetrag von 15.329 € erheblich
höher sei als das von der Bundesregierung ermittelte sächliche Existenzminimum.

(Siehe BFH-Pressemitteilung vom 13.01.2010)

Das Urteil X R 28/07 im
Volltext

Das Urteil X R 6/08 im Volltext

Das Urteil X R 34/07 im
Volltext