Nachträgliche Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abzugsfähig

Mit Urteil vom 20.06.2012 IX R 67/10 hat der BFH – entgegen der
Verwaltungsregelung in H 24.2 EStH – entschieden, dass Schuldzinsen für ein
Darlehen, das ursprünglich zur Finanzierung von Anschaffungskosten einer zur
Vermietung bestimmten Immobilie aufgenommen wurde, grundsätzlich auch dann noch
als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und
Verpachtung abgezogen werden können, wenn das Gebäude veräußert wird, der
Veräußerungserlös aber nicht ausreicht, um die Darlehensverbindlichkeit zu
tilgen.

Der Kläger hatte 1994 ein Wohngebäude erworben, dieses vermietet und hieraus
Einkünfte erzielt. Im Jahr 2001 veräußerte er das Gebäude mit Verlust. Mit dem
Veräußerungserlös konnten die bei der Anschaffung des Gebäudes aufgenommenen
Darlehen nicht vollständig abgelöst werden; dadurch musste der Kläger auch im
Streitjahr 2004 noch Schuldzinsen auf die ursprünglich aufgenommenen
Verbindlichkeiten aufwenden. Das Finanzamt erkannte die vom Kläger im Rahmen
seiner Einkommensteuerveranlagung für 2004 geltend gemachten „nachträglichen
Schuldzinsen“ nicht als Werbungskosten an.

Der BFH gab dem Kläger Recht; die geltend gemachten Schuldzinsen seien zu
Unrecht nicht bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
berücksichtigt worden. Der BFH hielt damit an seiner bisherigen – restriktiveren
– Rechtsprechung zur beschränkten Abziehbarkeit nachträglicher Schuldzinsen bei
den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht länger fest.

Der BFH begründet seine Rechtsprechungsänderung sowohl mit der im
Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom Gesetzgeber getroffenen
Grundentscheidung, Wertsteigerungen bei der Veräußerung von im Privatvermögen
gehaltenen Grundstücken innerhalb einer auf 10 Jahre erweiterten Frist zu
erfassen, als auch mit der gesetzestechnischen Verknüpfung von privaten
Veräußerungsgeschäften mit einer vorangegangenen steuerbaren und
steuerpflichtigen Nutzung des Grundstücks durch die Regelung in § 23 Abs. 3 Satz
4 EStG, welche bewirke, dass die Ermittlung des Gewinns aus einem steuerbaren
Grundstücksveräußerungsgeschäft strukturell der Ermittlung des Gewinns aus der
Veräußerung eines Wirtschaftsguts des Betriebsvermögens gleichgestellt werde.
Vor diesem Hintergrund sei es folgerichtig, den nachträglichen
Schuldzinsenabzugs bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auf den im
Streitfall zu entscheidenden Sachverhalt auszuweiten und damit die notwendige
steuerrechtliche Gleichbehandlung von nachträglichen Schuldzinsen bei den
Gewinn- und bei den Überschusseinkünften wieder herzustellen.

(Auszug aus einer BFH-Pressemitteilung vom 05.09.2012)

Das Urteil im Volltext