BFH hält allgemeine Neubewertung des Grundvermögens für Zwecke der Grundsteuer für erforderlich

Die Einheitsbewertung des Grundvermögens ist vom BFH trotz
verfassungsrechtlicher Zweifel bislang als verfassungsgemäß beurteilt worden. Im
Urteil vom 30.06.2010 II R 60/08 hat er daran jedenfalls für Stichtage bis zum
01.01.2007 festgehalten, aber zusätzlich darauf hingewiesen, dass das weitere
Unterbleiben einer allgemeinen Neubewertung des Grundvermögens für Zwecke der
Grundsteuer mit verfassungsrechtlichen Anforderungen, insbesondere mit dem
allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), nicht vereinbar sei.

Zur Begründung führt der BFH aus, dass die Festschreibung der
Wertverhältnisse auf den Hauptfeststellungszeitpunkt (01.01.1964) nur
sachgerecht und aus verfassungsrechtlicher Sicht hinnehmbar sei, wenn der
Hauptfeststellungszeitraum eine angemessene Dauer nicht überschreite. Die über
mehr als vier Jahrzehnte unveränderte Einheitsbewertung des Grundbesitzes
verfehle insbesondere die sich aus Art. 3 Abs. 1 GG ergebenden Anforderungen an
eine realitätsgerechte Bewertung. Auf unbegrenzte Dauer sei es auch nicht
hinnehmbar, dass eine Wertminderung wegen Alters nach dem
Hauptfeststellungszeitpunkt (01.01.1964) ausgeschlossen werde. Ferner führe das
jahrzehntelange Unterlassen einer flächendeckenden Grundstücksneubewertung
zwangsläufig zu verfassungsrechtlich nicht mehr hinnehmbaren Defiziten beim
Gesetzesvollzug, weil verfahrensrechtlich nicht sichergestellt werde, dass dem
Finanzamt Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse bekannt werden.

Verfassungsrechtlich geboten sei eine erneute Hauptfeststellung besonders im
Beitrittsgebiet, wo die Wertverhältnisse auf den 01.01.1935 festgeschrieben
seien. Der sich daraus ergebende gleichheitswidrige Zustand könne im Hinblick
auf die verstrichene Zeit nicht mehr mit den Übergangsschwierigkeiten nach der
Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands gerechtfertigt werden.

(BFH-Pressemitteilung vom 11.08.2010)

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