EuGH-Vorlage: Darf die Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Gebäuden vom Flächenverhältnis anstelle des Umsatzverhältnisses abhängig gemacht werden?

Mit Beschluss vom 22.07.2010 hat der V. Senat des BFH ein
Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH)
gerichtet.

In der Sache geht es um die Höhe des Vorsteuerabzugs für Eingangsleistungen
zur Herstellung eines Gebäudes, mit dem sowohl steuerfreie als auch
steuerpflichtige Vermietungsumsätze erzielt werden. Da der Vorsteuerabzug nur
für steuerpflichtige Ausgangsumsätze eröffnet wird, ist in diesen Fällen –
ebenso wie bei der Errichtung eines Gebäudes für Geschäfts- und private
Wohnzwecke – eine Aufteilung der Vorsteuern erforderlich. Als Aufteilungsmaßstab
kommt das Verhältnis von steuerfrei zu steuerpflichtig vermieteten Flächen in
Betracht (Flächenschlüssel), nach der Rechtsprechung des BFH aber auch die – für
Steuerpflichtige oft günstigere – Höhe der Mietumsätze (Umsatzschlüssel). Im
Rahmen des Steueränderungsgesetzes 2003 ordnete der Gesetzgeber an, dass ab dem
01.01.2004 eine Aufteilung nach dem Umsatzschlüssel nur noch dann erfolgen darf,
wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. Da bei Gebäuden eine
Aufteilung nach dem Flächenschlüssel stets eine wirtschaftliche Zurechnung
ermöglicht, schließt die Gesetzesänderung eine Anwendung des Umsatzschlüssels
praktisch aus.

Der V. Senat fragt beim EuGH an, ob diese Einschränkung des Umsatzschlüssels
mit den Vorgaben des Unionsrechts vereinbar ist. Dieses sieht den
Umsatzschlüssel als Regel-Aufteilungsmaßstab vor. Hiervon können die
Mitgliedstaaten zwar in Ausnahmefällen abweichen, der Senat hält es jedoch für
zweifelhaft, ob die Voraussetzungen für einen dieser Ausnahmefälle vorliegen.

Die EuGH-Vorlage hat große Bedeutung für die Errichtung von Wohn- und
Geschäftsgebäuden, da die Höhe des Vorsteuerabzugs deren Finanzierung
(Kapitalbedarf) beeinflusst.

(BFH-Pressemitteilung vom 03.11.2010)

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